Hildegard Hammerschmidt-Hummel - Homepage
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Aktualisiert: 01. Oktober 2007 / updated: 01 October 2007

 

Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares. Die Totenmaske des Dichters und Bildnisse aus drei Lebensabschnitten (Hildesheim: Verlag Olms, 2006), XII und 200 S., mit ca. 130 Abbildungen, davon ca. 90 in Farbe.

 

e. Replies

GEO.de: „Echt oder nicht echt? - Replik von Hildegard Hammerschmidt auf Christopher Hudsons Artikel „The Real Shakespeare“, Sunday Times Magazine (5. Februar 2006), in: GEO.de (14. Februar 2006)
[http://www.geo.de/GEO/kultur/geschichte/5071.html]

Ob und wie authentisch die bekannten Bildnisse von Shakespeare sind - mit dieser Frage beschäftigte sich der Autor eines Artikels des Sunday Times Magazine vom 5. Februar 2006. Lesen Sie hier die Replik von Shakespeare-Expertin Hildegard Hammerschmidt-Hummel

Am 2. März 2006 wird in der Londoner National Portrait Gallery anläßlich ihres 150jährigen Bestehens die Ausstellung „Searching for Shakespeare“ eröffnet. In der Vorbereitungsphase, so berichtet Christopher Hudson im Magazin der Sunday Times („The Real Shakespeare“ - 5. Februar 2006), seien sechs Bildnisse des Dichters in den Laboratorien der National Portrait Gallery untersucht worden, die den Anspruch erheben, Shakespeares Gesicht zu zeigen. Bisher sei die äußere Erscheinung des Dichters jahrhundertelang ein Geheimnis gewesen. Die von Kuratorin Tarnya Cooper geleiteten Untersuchungsverfahren (Röntgen- und Ultraviolett-Aufnahmen, Farbanalysen, und Altersbestimmungen mittels Radiocarbonmethode) verschafften nun Klarheit. Von den sechs untersuchten Bildnissen (Grafton, Sanders, Soest, Janssen, Flower und Chandos), so die Sunday Times unter Berufung auf den Ausstellungskatalog, hätten fünf den Test nicht bestanden, auch nicht das (neben dem Chandos-Porträt) prominenteste und beliebteste Shakespeare-Bildnis: das Flower-Porträt.

Über das Flower-Porträt habe Tarnya Cooper nun ein endgültiges Urteil fällen können. Es handele sich um eine im frühen 19. Jahrhundert entstandene Fälschung. Eine Farbanalyse habe die Verwendung von Pigmenten (etwa „chrome yellow“) nachgewiesen, die den Malern nicht vor 1814 zugänglich gewesen seien.

Dieses negative Urteil steht im Widerspruch zu den Ergebnissen meines in diesen Tagen im Verlag Olms erscheinenden Buches Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares. Die Totenmaske des Dichters und Bildnisse aus drei Lebensabschnitten, das in Kürze auch auf Englisch im Verlag Chaucer Press unter dem Titel The True Face of William Shakespeare. The Poet’s Death Mask and Likenesses from Three Periods of his Life publiziert werden wird.

In meinem neuen Buch konnte ich diesen Widerspruch in klar verständlicher Weise aufklären - in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Sachverständigen des Bundeskriminalamts sowie einem namhaften Experten für Alte Meister.

Daher bleibe ich bei meiner Feststellung, daß es sich bei dem von der erfahrenen Restauratorin Nancy Stocker (Ashmolean Museum, Oxford) im Jahre 1979 restaurierten Flower-Porträt (1609) um ein echtes, detailgetreues Bildnis handelt, für das William Shakespeare aus Stratford-upon-Avon persönlich Modell gesessen haben muß.

Es ist zu begrüßen, daß Tarnya Cooper das nicht minder berühmte Chandos-Porträt ebenfalls mit neuen Testverfahren untersuchen ließ. Die Farbanalyse dieses Bildes ergab, daß es sich um echte Farben aus der Shakespeare-Zeit handelt. Wenn die Kuratorin diesen ohne Zweifel wichtigen Tatbestand als Beweis dafür anführt, daß das Chandos-Bildnis ein lebensgetreues Bildnis des Dichters sei („a true lifetime likeness“), wie im Sunday Times Magazine dargestellt, so ist diese Schlußfolgerung allerdings keineswegs überzeugend. Denn bewiesen ist damit nur, daß das Bild in der Zeit entstand, in der Shakespeare gelebt hat, nicht wen es darstellt. Auch das Grafton-Porträt entstand ja zur Lebenszeit des Dichters, ohne daß es deswegen Authentizität beanspruchen könnte, wie Cooper ausdrücklich hervorhebt.

Spätestens hier wird deutlich, daß die Untersuchungen in den NPG-Laboratorien überhaupt nicht auf die essentielle Frage der Identität des Porträtierten gerichtet waren. Aber gerade beim Chandos-Porträt war dies mit Ausnahme des Malers das bisher einzige noch ungeklärte Problem. Schon Sir Roy Strong, vormals Direktor der National Portrait Gallery, hatte dies deutlich auf den Punkt gebracht: “the identity of this as a portrait of Shakespeare remains non proven and is likely to remain so” (Tudor & Jacobean Portraits. 2 vols. London, 1969, I, 279).

In meinem oben genannten neuen Buch war es mir unter anderem möglich, auch diese offene Frage zu beantworten. Dies geschah in Zusammenarbeit mit Fachleuten verschiedenster Disziplinen, darunter Experten des Bundeskriminalamts, die für die Identitätsfeststellung bildlich dargestellter Personen mittels modernster Technik zuständig sind, und unter Hinzuziehung von Medizinern, die unter anderem auf dem Chandos- und auf dem Flower-Porträt die gleichen deutlich umschriebenen Krankheitssymptome in verschiedenen Stadien diagnostiziert haben. Hiermit ist nun auch die Authentizität des Chandos-Porträts im positiven Sinne geklärt.

 

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